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Foto: Skeeze/Pixabay

Bauszene

BEG: hektische Aktivitäten, fragwürdige Effekte

Das Wirtschaftsministerium hat die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) kurzfristig umgebaut, um bei Sanierungen einen stärkeren Klimaschutzeffekt zu erreichen. Nun stehen Einzelmaßnahmen im Vordergrund. Verbände sehen das kritisch, weil damit der ganzheitliche Sanierungsansatz verloren geht. Auch die Initiative zum Heizungstausch stößt auf Kritik.

August 3, 2022

"Um den Klimaschutzeffekt zu stärken und die Abhängigkeit von russischem Gas und Öl zu verringern, werden die BEG insgesamt und auch die BEG-Einzelmaßnahmen angepasst", teilte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) Ende Juli mit. Durch ein neues Austauschprogramm für fossile Heizungen soll die Abhängigkeit von russischem Gas und Öl reduziert werden. Bei den Einzelmaßnahmen betreffen die Anpassungen insbesondere zwei Bereiche: Erstens wird die Förderung von allen gasverbrauchenden Anlagen eingestellt sowie ein erweitertes Austauschprogramm für fossile Heizungen (sog. Heizungs-Tausch-Bonus) eingeführt. Zweitens werden die Fördersätze für Einzelmaßnahmen reduziert, um die vorhandenen Mittel auf einen breiteren Antragstellerkreis zu verteilen.

Fokus auf Sanierung und Vereinfachung der Antragstellung 

"Die Bundesregierung will die Förderung von Energieeffizienz in Gebäuden einfacher, klarer und verlässlicher gestalten und auf den größten Effekt für Energieeinsparung und Klimaschutz ausrichten", hieß es in der Pressemitteilung des BMWK vom 26. Juli, welche zudem bereits für den 28.7. das Inkrafttreten dieser Änderungen bekannt machte, ohne dass es zuvor eine Anhörung der Verbände gegeben hätte. Seit dem 28. Juli 2022 greifen die neuen Förderbedingungen für Anträge auf Komplettsanierungen bei der staatlichen Förderbank KfW. Für Einzelmaßnahmen bei der Sanierung, wie den Fenstertausch, gelten die neuen Förderbedingungen für die Antragstellung beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) seit dem 15. August 2022. 

Wichtig ist der Bundesregierung dabei, mit den verfügbaren staatlichen Mitteln ein möglichst großes Investitionsvolumen zu hebeln. Damit dies gelingt, steigen die im Haushalt und Wirtschaftsplan zum Klima- und Transformationsfonds (KTF) zugewiesenen Fördermittel für die Sanierung von 9,6 auf 12-13 Milliarden Euro. Zum Vergleich: 2021 wurden rund 8 Mrd. Euro und 2020 rund 5 Milliarden Euro für die Sanierung ausgegeben.. Zugleich werden die Fördersätze leicht reduziert, bei Komplettsanierungen wird angesichts des sich verändernden Zinsumfeldes auf zinsgünstige Kredite und Tilgungszuschüsse umgestellt.

„In Zukunft bekommt der oder die Einzelne etwas weniger an Förderung als vorher, aber dafür können viele Menschen von den Förderprogrammen profitieren“, so Bundesminister Habeck bei der Vorstellung. Der Akzent liegt dabei auf Sanierung, denn "der Effekt für Energieeinsparung und Klimaschutz liegt bei der energetischen Gebäudesanierung rund um das 4,5-fache höher als im Neubau". Die Antragstellung soll zudem vereinfacht werden, indem Ansprechpartner und Zuständigkeiten klarer benannt sind: Wer eine Komplettsanierung umsetzen und dafür Förderung beantragen möchte, wendet sich an die staatliche Förderbank KfW. Wer Fenster, Türen oder Heizkessel austauschen möchte, wendet sich an das BAFA; nur noch das BAFA ist künftig für die sogenannten Einzelmaßnahmen zuständig. 

Starke Mittelkürzungen um 25% und kaum noch Förderung im Neubau

Die Sanierungsförderung zu Effizienzhäusern (EH) bzw. Effizienzgebäuden (EG) läuft seither komplett über die KfW. Hier wurde das EH/EG 100 mit allen Unterstufen abgeschafft. Die Förderung der Sanierung von Baudenkmälern erfolgt noch mit 5 % statt 25 % Tilgungszuschuss. Für alle weiteren Effizienzhausstufen werden die Fördersätze um 25 Prozentpunkte gekürzt. Der 5 % Bonus bei Erreichen der EE-Klasse („Erneuerbare Energien“) oder NH-Klasse bleibt erhalten, der Bonus für individuelle Sanierungsfahrpläne (iSFP) entfällt hier komplett. Der Fördersatz im Neubau bei Erreichen des Effizienzhaus-/Effizienzgebäude 40 mit NH-Klasse („Nachhaltigkeit“) betrug zuletzt noch 12,5 % und wird nun noch weiter auf 5 % gekürzt (Ausnahme: Kommunen). 

Die geringeren Fördersätze sollen durch eine „deutliche Zinsvergünstigung bis etwa 15 % Subventionswert“ ausgeglichen werden. Die Neubauförderung soll in einem weiteren  Schritt vom Bundesbauministerium in enger Abstimmung mit dem Bundeswirtschaftsministerium für das Jahr 2023 umgestaltet werden. Außerdem geht die BEG-Reform Hand in Hand mit dem neuem Ordnungsrecht, dem Gebäudeenergiegesetz. Neue gesetzliche Vorgaben (insbesondere die 65 % erneuerbare Energien Vorgabe für neue Heizungen in Neubau und Bestand, die ab 2024 greifen) sollen dafür sorgen, dass Eigentümer selbst mehr Investitionen in Gebäudeeffizienz tätigen müssen.

Energieberater kritisieren Rückschritt im Klimaschutz

Der Bundesverband GIH Gebäudeenergieberater Ingenieure Handwerk e.V. hat diese Reform der Gebäudeförderung als "Rückschritt im Klimaschutz" kritisiert, viele Bauherren würden unter diesen Bedingungen ihre erforderlichen Sanierungsmaßnahmen nicht mehr angehen. Insbesondere missfällt dieser größten Vereinigung von Energieberatern in Deutschland, dass die BEG-Umstrukturierung eindeutig zu Lasten der Energieeffizienz und der ganzheitlichen Betrachtung der Gebäude geht. Maßnahmen an der Gebäudehülle werden mit 15 Prozent anstatt den vorherigen 20 Prozent gefördert und somit deutlich schlechter als Einzelmaßnahmen in der Gebäudetechnik, wie vor allem die Wärmepumpe, die bis 40% Förderung erhält. So bestehe "die Gefahr, dass Wärmepumpen aufgrund der hohen Fördersätze in nicht dafür ausgelegte Altgebäude eingebaut werden, ohne deren Hülle zu sanieren".

Das Gebäude sei aber ganzheitlich anzugehen. So mache es auch keinen Sinn, dass Einzelmaßnahmen besser gefördert werden als Sanierungen zum Effizienzgebäude. "Es wird vor allem zu Inselsanierungen von gewerkespezifischen Einzelmaßnahmen kommen", prognostiziert der GIH. Viele Bauherren würden nur nach aktuellem niedrigen GEG-Standard sanieren, weil die steigenden Kosten und die geringere Förderung keinen Anlass bieten, ambitioniert und zukunftsweisend zu sanieren. "So schaffen wir es noch nicht mal ansatzweise, die vereinbarte CO2-Einsparung zu erreichen", schlussfolgert der GIH.

Durch den Wegfall der Zuschussförderung in allen Bereichen werden nach Ansicht der GIH insbesondere Wohnungseigentümergemeinschaften weniger sanieren, weil diese WEGs oft keine Kredite aufnehmen können bzw. wollen. Auch ältere sanierungswillige Hausbesitzer, die ohnehin kaum Kredite bei der Bank bekommen und mit ihrem Barvermögen sanieren möchten, würden wegen der Streichung der Zuschussprogramme für Effizienzhäuser häufig gar nichts mehr sanieren. 

VDPM spricht sich für ganzheitliche energetische Modernisierung aus

Der Verband für Dämmsysteme, Putz und Mörtel (VDPM) konstatiert: „65% erneuerbare Energien beim Einbau von neuen Heizungen - das reicht nicht! Weil der wesentliche Faktor Energieeinsparung (wieder mal) kaum eine Rolle spielt. Einfach nur fossile durch erneuerbare Energieträger zu ersetzen - das wird im Ergebnis nicht zum Ziel führen, weil kein Spareffekt forciert wird“, so VDPM-Hauptgeschäftsführer Dr. Hans-Joachim Riechers.

Der VDPM favorisiert ein Niedertemperatur-Paket, in dem erneuerbare Energien, Anlagentechnik und Wärmedämmung enthalten sind. Die Wärmedämmung steht dabei für die im Bestand unabdingbare Energieeinsparung. Gebäude müssten im Zusammenhang mit der Umstellung auf energieeffiziente Heiztechnologien mindestens Niedertemperatur-ready gemacht werden. So kann ein Gebäude bereits im ersten Schritt effizient auf eine Heiztechnologie umgestellt werden, die zu 100% mit erneuerbarer Energie auskommt. Der VDPM fordert eine neue Fördersystematik: Die höchste Förderung müsse denjenigen zugutekommen, die über die gesetzliche Vorgabe hinaus auf 100% Erneuerbare umstellen und parallel Maßnahmen zur Senkung des Heizwärmebedarfs unter 70 kWh/m² und Jahr durchführen. Das wäre konsequent und hätte den wirkungsvollsten Effekt in Sachen angestrebter Klimaneutralität im Gebäudebestand.

Auch natureplus sieht Akzente falsch gesetzt

Nach Ansicht des Umweltverbandes natureplus e.V. setzt die Bundesregierung mit dieser Umstrukturierung der Bauförderung falsche Akzente: "Es ist erkennbar, dass hier mit der Bevorzugung von Einzelmaßnahmen insbesondere bei der Gebäudetechnik schnelle Effekte erzielt werden sollen", so natureplus-Vorsitzender Dr. Rolf Buschmann. "Das geht aber zu Lasten einer ganzheitlichen Betrachtung der Gebäude über den ganzen Lebenszyklus, isolierte Einzelmaßnahmen wie ein Austausch der Fenster können beim unsachgemäßen Einbau auch zu unerwünschten Nebenwirkungen wie Schimmelbildung und Bauschäden führen." Bei einer ganzheitlichen Betrachtung, welche auch die verwendeten Baumaterialien einbezieht, lassen sich hingegen nach Auffassung von natureplus sogar zusätzliche Klimaeffekte erzielen. Auf der Fachtagung "RE.THINK BUILDING" am 9. September in Berlin will natureplus zeigen, wie man mit nachhaltigen Materialien und Bauweisen und ohne einseitige Konzentration auf die Gebäudetechnik die Klimaziele schneller und preisgünstiger erreichen kann. Info und Anmeldung hier 

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