DGNB Wegweiser klimapositiver Gebäudebestand

Ende November 2022 stellte die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) den "Wegweiser klimapositiver Gebäudebestand" als Ergebnis des europäischen Verbundprojektes #BuildingLife vor, das in den Jahren 2021 und 2022 unter breiter Mitwirkung aktiver Mitglieder des Vereins und externer Experten erarbeitet wurde. Die #BuildingLife-Kampagne wurde im Vorfeld der Weltklimakonferenz COP26 vom World Green Building Council unter finanzieller Förderung von der IKEA Foundation, der Laudes Foundation sowie der European Climate Foundation ins Leben gerufen. Kern der Kampagne ist die Erstellung nationaler Dekarbonisierungs-Roadmaps, also Fahrpläne bzw. Wegweiser mit dem Ziel, Klimaschutz im Gebäudebereich voranzutreiben, um Klimaneutralität für das Bauen, Sanieren und Betreiben von Gebäuden so schnell wie möglich zu erreichen. Der DGNB-Wegweiser stellt damit die Roadmap für Deutschland dar.

Keine Ausreden mehr!

Der sechste und neueste Sachstandsbericht des Weltklimarats (IPCC) verdeutlicht nochmals drastisch, dass unser Handeln in den nächsten Jahrzenten entscheidend ist, um einen Anstieg der globalen Erwärmung zu verhindern. Um unter 1,5 Grad Erderwärmung zu bleiben, müssen die globalen Treibhausgasemissionen spätestens ab 2025 sinken und bis 2030 um 43 Prozent reduziert sein. Auch der 2-Grad-Pfad sieht einen Gipfel der Treibhausgasemissionen im Jahr 2025. Als Verursacher von rund 40% der Treibhausgasemissionen in Deutschland stehen die Akteure des Bau- und Immobilienbereichs in der Pflicht, klimazielkompatible Maßnahmen zu ergreifen. Laut IPCC können alle bestehenden, nachgerüsteten Gebäude und Neubauten bis 2050 klimaneutral sein, falls entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. Zu diesen gehören Suffizienz-, Effizienz- und Erneuerbare-Energien sowie Dekarbonisierungsmaßnahmen. "Weil es notwendig und ohne Alternative ist und weil wir es können, lautet das Ziel, welches wir so schnell wie möglich erreichen müssen: Klimapositiver Gebäudebestand" heißt es in der Einleitung der DGNB-Handreichung.

"UNSER WEG zu einem klimapositiven Gebäudebestand"

Auf über 160 Seiten werden in den beiden Teilen des Wegweisers insgesamt 346 Maßnahmen, davon 50 prioritäre, in 15 Handlungsfeldern benannt und den entsprechenden Akteuren zugeordnet. So werden akteursspezifische Maßnahmenprogramme möglich, die sich zunächst an Bauprofis wie Planende und Bauausführende, die Hersteller von Baumaterialien sowie Eigentümer und Bestandshalter von Immobilien richten. Zum Abbau von Hürden und Hemmnissen und zur Schaffung der richtigen Rahmenbedingungen sind aber auch die politische Ebene und insbesondere die Kommunen mit ihrem umfangreichen Gebäudebestand als wichtige Handlungsträger benannt. Eine gründliche Ist-Stands-Analyse, klare Priorisierung und zeitliche Staffelung der Maßnahmen sowie umfangreiche Quellennachweise und Verweise auf bereits vorhandene Arbeitstools machen diese Zusammenstellung wertvoll.

Es empfiehlt sich, zunächst die Präsentation des Launch Events anzuschauen und dann mit dem eigentlichen Wegweiser zu vertiefen. Dieser gliedert sich in zwei Teile:

• Teil 1: Grundlagenwissen über den Status quo der politischen Ebene und des Gebäudebestands. Ableitung der strategischen Ziele und Handlungsfelder sowie Aufzeigen der wichtigsten Maßnahmen, um einen klimapositiven Gebäudebestand zu erreichen, die keinen weiteren Aufschub mehr dulden.
• Teil 2: Umfassende Maßnahmensammlung für den Weg zu einem klimapositiven Gebäudebestand. Zusätzlich zu den wichtigsten Maßnahmen sind hier weitere, weniger dringliche, vorbereitende und informationsbeschaffende Maßnahmen aufgeführt, welche ihre Wirkung erst später entfalten. Diese Maßnahmen sollten für eine vollständige Ausrichtung des Gebäudesektors auf Klimaneutralität oder Klimapositivität ebenfalls umgesetzt werden.

Anschließend werden unter dem Titel "Mein Beitrag" akteursspezifische Maßnahmenprogramme mit konkreten Zielbildern angeregt. Insgesamt findet sich in diesem Wegweiser eine Zusammenstellung von Einzelmaßnahmen, die nicht überrascht und auch kein Neuland betritt, sondern deren Verdienst es ist, alle bekannten und in der Realität bereits im Einzelfall umgesetzten Klimaschutzaktivitäten im Gebäudebereich zu systematisieren und Prioritäten zu setzen, um die gewaltige Aufgabe der Dekarbonisierung des Bausektors zu stemmen. Vor allem soll der Wegweiser aber erreichen, die gegenwärtig überwiegend abwartende Haltung der Akteure in diesem zugegeben komplexen Sektor zu überwinden und Mut zu machen, sich sofort und unverzüglich mit den ersten Schritten auf den Weg zum Klimaziel zu begeben.