Foto: AnBau, Kreissporthalle Wangen

Podium

Nachhaltig bewerten, besser bauen: Der LNB als Werkzeug für die Bauwende

Mit ihrem neuen Gebäudebewertungstool ermöglicht natureplus Mitglied Anbau eine strukturierte und nachvollziehbare Bewertung öffentlicher Gebäude in Deutschland. In diesem Beitrag erläutert Anbau den Aufbau des Tools sowie die zugrunde liegenden Kriterien – und zeigt, wie damit fundierte Entscheidungen für nachhaltiges Bauen und Sanieren getroffen werden können. Ein Gastbeitrag.

May 14, 2025

Warum eine umfassende Gebäudebewertung?

Der Bau-, Betrieb und Rückbau von Gebäuden verursacht fast 40 % der globalen CO₂-Emissionen, verbraucht etwa die Hälfte der weltweiten Rohstoffe und ist für gut 60 % des Abfallaufkommens verantwortlich. Gleichzeitig werden durch Versiegelung Biodiversität und Wasserretention eingeschränkt – mit spürbaren Folgen für Städte, Umwelt und Klima. All diese Fakten sind in der Baubranche längst keine Neuigkeit mehr!

Nachhaltiges Bauen bedeutet, Bestandserhalt statt Neubau zu fördern, klein und kompakt zu planen, Mehrfachnutzungen zu ermöglichen, gesunde Materialien nach ökologischen Kriterien auszuwählen und das regionale Handwerk zu stärken. Nachhaltig Bauen bedeutet, ökologische, ökonomische und soziale Aspekte in Einklang zu bringen.

Nachhaltig Bauen muss nicht teurer sein

Geringe Mehrkosten aufgrund nachhaltiger Materialwahl und zusätzlichen Planungsaufwand lassen sich häufig durch kompaktere Raumkonzepte und einfache Gebäudetechnik über den Lebenszyklus kompensieren. Ein frühzeitiger Einstieg zahlt sich aus: Je früher die „Fachberatung Nachhaltig Bauen“ in den Planungsprozess einbezogen wird, desto einfacher und wirtschaftlicher können nachhaltige Maßnahmen integriert werden.

Gefordert ist ein ganzheitlicher Blick – genau hier setzen Gebäudebewertungstools wie beispielsweise der LNB - Leitfaden Nachhaltig Bauen an.

Was ist der LNB?

Der LNB - Leitfaden Nachhaltig Bauen ist ein niederschwelliges, prozess- und anwendungsorientiertes Gebäudebewertungstool für öffentliche Gebäude. Er wurde auf Initiative des Landkreises Ravensburg vom natureplus Mitglied „AnBau - Agentur für nachhaltiges Bauen“ basierend auf dem Vorarlberger Kommunalgebäudeausweis (KGA) mit über 160 Referenzprojekten entwickelt.

Im Fokus stehen im LNB alle wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen, die konsequent verfolgt und bewertet werden. Trotzdem ist das Tool mit vertretbarem Aufwand – auch bei kleineren Bauvorhaben – anzuwenden und ist auf Praxistauglichkeit ausgerichtet.

Der LNB lässt sich mit wenigen Klicks für alle öffentliche Bauvorhaben, sowohl im Neubau als auch bei Komplettmodernisierung – unabhängig von der Nutzung - ab einem Investitionsvolumen von ca. 2 Mio. € (brutto) anwenden.

Im Idealfall wird der LNB vom Projektstart über alle Planungsphasen bis zur Baufertigstellung mitgeführt. Er wird jährlich aufgrund von neuen Entwicklungen und Erfahrungswerten weiterentwickelt und optimiert.

Eine Erweiterung des LNB (LNB_QNG) ist als Gebäudebewertungstool in Deutschland akkreditiert und kann für Bundesförderungen (z.B. BEG und KFN) genutzt werden. Im LNB_QNG werden alle QNG relevanten Kriterien behandelt, er dient als Grundlage für die Erlangung des QNG-Siegels. Wie auch der LNB wird der LNB_QNG prozessbegleitend über die jeweiligen Leistungsphasen mitgeführt und die einzelnen Kriterien bepunktet.

Die Kriterien des LNBs im Überblick

Der LNB umfasst 22 Kriterien, die in vier Kategorien gegliedert sind:

1. Prozess- und Planungsqualität (max. 280 Punkte)

Wirtschaftlichkeit, Materialisierung mit Produkt- und Chemikalienmanagement, Biodiversität und Klimawandelanpassung, Haustechnikkonzept etc.

2. Energie und Versorgung (max. 360 Punkte)

Bewertung der Energieeffizienz und die Nutzung erneuerbarer Energieträger im Betrieb

3. Gesundheit und Komfort (max. 125 Punkte)

Thermischer Komfort im Sommer und Raumluftqualität

4. Baustoffe und Konstruktion (max. 235 Punkte)

Vermeidung kritischer Stoffe, Kreislaufwirtschaft und Ökologische Bilanz der Baustoffe und Konstruktionen

Insgesamt können maximal 1000 Punkte erreicht werden.

Foto Simon Kramer, Kreissporthalle Wangen, Recyclingbeton

Fokusthema: Materialisierung

Eines der zentralen Themenfelder im LNB stellen die Materialisierung und die bauökologische Umsetzung dar. Dies spiegelt sich auch in der Punktevergabe wider: rund 40% der LNB-Punkte sind materialbedingt.

Durchschnittlich verbringen wir bis zu 90% unserer Zeit in Räumen - entsprechend groß ist der Einfluss von Baustoffen und eingebauten Materialien auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden. Eine gezielte Auswahl schadstoffarmer, langlebiger und ressourcenschonender Materialien verbessert nicht nur das tägliche Erleben in den Räumen, sondern auch die ökologische Gesamtbilanz eines Gebäudes. Der LNB orientiert sich an den ambitionierten ÖkoBauKritieren, welche meist durch das „natureplus Umweltzeichen für nachhaltige Bauprodukte“ nachgewiesen werden können.

Quelle: Anbau auf Basis von Daten des Umweltbundesamtes.

Die Qualität schadstoffarmer Produkte ist messbar: 90% der baustoffbedingten Emissionen können in Projekten, bei denen ein Produktmanagement nach LNB durchgeführt wird, vermieden werden. Als Nachweis hierzu werden Messungen der Innenraumluft nach Fertigstellung des Projekts durchgeführt.

Neben der Emissionsvermeidung steht bei der Materialwahl auch die potenzielle Weiter- und Wiederverwendung im Fokus. Sowohl Baustoffe als auch Bauprodukte sollten nicht nur einmalig verbaut, sondern nach der Nutzung auch wieder eingesetzt werden können. Demensprechend werden im LNB Aspekte des zirkulären Bauens, von der Weiter- und Wiederverwendung eines Bauproduktes bis hin zum Einsatz von Recyclingbeton, behandelt und bepunktet.

Bestandserhalt vor Neubau – Dieser Ansatz liegt ganz im Sinne des Zirkulären Bauens und hat einen hohen Stellenwert im nachhaltigen Bauen. Beispielsweise gelten im LNB bei der Berechnung der Gebäudebilanz Bestandsbauten- und Bauteile als „ökologisch abgeschrieben“ – sprich ihr ökologischer Fußabdruck fällt in der Berechnung nicht erneut an. Das hat direkte Auswirkungen auf das Treibhausgaspotenzial eines Bauprojektes und unterstützt damit die Priorisierung von Bestandserhalt vor Abriss und Neubau.

Materialwahl und Bestandserhalt haben entscheidenden Einfluss auf die Nachhaltigkeitsbewertung eines Gebäudes. Die Bauwende kann aber nur mit einer gesamthaften Gebäudebewertung gelingen. Dazu sind Systeme mit verschiedenen Zugängen auf dem Markt verfügbar, die in Abhängigkeit der Bauaufgabe ausgewählt werden sollen (siehe www.qng.info). Alle verfolgen ein gemeinsames Ziel – Bauen verantwortungsvoll und zukunftsgerecht zu gestalten!

Foto: AnBau, Kreissporthalle Wangen

Das natureplus Podium für Mitglieder

In unserer Rubrik Podium haben die natureplus Mitglieder das Wort. Lösungen, Innovationen, Erfolgsgeschichten, Wissen, Fragestellungen, Aufrufe u.v.m.: Alles, was uns der Bauwende ein Stück weit näher bringt, darf hier mit dem natureplus Netzwerk geteilt werden. Sie möchten auch einen Beitrag in den natureplus News veröffentlichen? Melden Sie sich gerne! Melinda Meisel - meisel@natureplus.org

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