Biobasierte Dämmstoffe bieten durch ihre hohe Rohdichte und spezifische Wärmekapazität einen besonders wirksamen sommerlichen Wärmeschutz. Bild: Canva

Nachhaltige Baustoffe

Natürliche Dämmstoffe für besseren Hitzeschutz

Natürliche Dämmstoffe verbessern nicht nur den winterlichen Wärmeschutz, sondern leisten auch einen wirksamen Beitrag gegen sommerliche Überhitzung und punkten dabei mit ökologischen, bauphysikalischen und gesundheitlichen Vorteilen.

July 23, 2025

Die zunehmende Erhitzung unserer Städte stellt das Bauen vor neue Herausforderungen. Hitzewellen, wie sie in den letzten Sommern verstärkt auftreten, machen deutlich: Klimaanpassung muss heute integraler Bestandteil des Bauens sein. Dennoch liegt der Schwerpunkt vieler Effizienzmaßnahmen weiterhin auf dem Winterbetrieb – etwa bei der Vermeidung von Wärmeverlusten. Dabei wird der sommerliche Wärmeschutz zunehmend wichtiger – insbesondere in dicht bebauten, versiegelten Stadtgebieten. Gleichzeitig nimmt der Energiebedarf auch in den Sommermonaten deutlich zu, da immer mehr Gebäude aktiv gekühlt werden. Umso dringlicher ist es, Klimaanpassung ganzjährig mitzudenken.

Neben gestalterischen Maßnahmen wie außenliegendem Sonnenschutz, begrünten Fassaden-/Dachflächen oder nächtlicher Lüftung ist die Wahl geeigneter Materialien ein zentraler Faktor für den sommerlichen Hitzeschutz. Nachhaltige Bauweisen setzen hier auf natürliche Dämmstoffe, die mit hoher Wärmespeicherkapazität und Materialdichte die Phasenverschiebung erhöhen und so zur thermischen Stabilität beitragen. Sie nehmen Wärme über längere Zeit auf und geben sie verzögert wieder ab, wodurch Temperaturspitzen im Innenraum deutlich abgemildert werden und das Raumklima ohne mechanische Kühlung länger angenehm bleibt. Besonders vorteilhaft ist dies in Leichtbaukonstruktionen, denen es an eigener Speichermasse fehlt.

Doch natürliche Dämmstoffe leisten weit mehr als nur einen Beitrag zur thermischen Behaglichkeit. Sie überzeugen auch durch eine Vielzahl ökologischer, bauphysikalischer und gesundheitlicher Vorteile:

• Sie bestehen oft aus nachwachsenden Rohstoffen, sind häufig regional verfügbar und fördern eine ressourcenschonende, lokal verankerte Wertschöpfung.

• Durch ihre Fähigkeit, biogenen Kohlenstoff langfristig zu speichern, leisten sie einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz.

• Naturdämmstoffe sind in hohem Maße kreislauffähig: Sie lassen sich rückbauen, wiederverwenden, recyceln oder kompostieren.

• Aufgrund ihrer bauphysikalischen Eigenschaften eignen sie sich hervorragend für passive und energieeffiziente Low-Tech-Konzepte.

• Dank ihrer hohen spezifischen Wärmekapazität und Dichte puffern sie Wärme, Kälte und Feuchtigkeit zuverlässig ab und sorgen so für ein stabiles Raumklima.

• Ihr Feuchtepuffervermögen ermöglicht die temporäre Aufnahme und verzögerte Abgabe von Wasserdampf, ohne die Funktionalität des Dämmstoffs zu beeinträchtigen, wodurch das Risiko von Feuchteschäden erheblich minimiert wird.

• Durch ihre Diffusionsoffenheit und kapillare Leitfähigkeit unterstützen sie einen effektiven Feuchtetransport innerhalb der Bauteile.

• Aufgrund ihrer Materialstruktur tragen sie zur Verbesserung des Schallschutzes bei und reduzieren die Schallübertragung innerhalb des Gebäudes.

• Sie unterstützen die Wohngesundheit durch emissionsarme, feuchteregulierende und schadstofffreie Materialeigenschaften.

• Sie weisen ein berechenbares Brandverhalten auf, mit geringer Rauchentwicklung und ohne brennendes Abtropfen.

• Viele Naturdämmstoffe sind angenehm in der Verarbeitung, denn sie sind hautverträglich, geruchsneutral und benötigen meist keine spezielle Schutzausrüstung. Bei Einblasverfahren ist jedoch auf geeignete Staubschutzmaßnahmen zu achten.

Holzfaserdämmung

Holzfaserdämmung. Bild: Canva

Holzfaserdämmplatten zählen zu den plattenförmigen Holzwerkstoffen und gehören innerhalb der biogenen Dämmstoffe zu den pflanzlichen Faserdämmstoffen. Sie bestehen überwiegend aus regional verfügbaren Holzresten wie Hackgut, Schwach- oder Bruchholz, also Nebenprodukten der Forstwirtschaft, die sich anderweitig kaum verwerten lassen. Die Nutzung lokaler Rohstoffe senkt zugleich den Transportaufwand und reduziert Emissionen. Der Hauptbestandteil der Dämmstoffe sind Holzfasern (mind. 80 %) und je nach Herstellverfahren, Nass- oder Trockenverfahren, kommen zusätzlich Bindemittel und Zusatzstoffe zum Einsatz. Beim Nassverfahren wird auf die holzeigenen Bindekräfte (Lignine) gesetzt, während im Trockenverfahren bei höheren Plattenstärken (ab ca. 30 mm) auch Bindemittel wie PUR-Harz verwendet werden. Um die Wasseraufnahme zu reduzieren, können wasserabweisende Zusätze (Hydrophobierung) oder pH-wirksame Zusätze ergänzt werden.

Besonders hervorzuheben ist die Leistungsfähigkeit von Holzfaserdämmstoffen im sommerlichen Wärmeschutz: Ihre vergleichsweise hohe Dichte in Kombination mit niedriger Wärmeleitfähigkeit und einer sehr hohen spezifischen Wärmekapazität macht sie zu einem der wirkungsvollsten Dämmstoffe, wenn es darum geht, Innenräume vor sommerlicher Überhitzung zu schützen.

Verfügbarkeit/ Formate: Holzfaserdämmstoffe sind sowohl als Plattenware (3–32 mm im Nassverfahren, 20–240 mm im Trockenverfahren) als auch als Einblasdämmung erhältlich.

Zellulosedämmung

Zellulosedämmstoffe gehören zur Gruppe der organischen Faserdämmstoffe und basieren auf recyceltem Zeitungspapier, meist auf sortierten Druckerzeugnissen wie unverkauften Zeitungen (Remittenden). Das Material wird mechanisch aufbereitet, zerkleinert und zu Dämmflocken oder -platten weiterverarbeitet. Zur Verbesserung des Brandschutzes kommt häufig ein Flammschutzmittel zum Einsatz. Während hierfür überwiegend Borsäure verwendet wurde, setzen heute einige Hersteller auf Alternativen wie Ammoniumphosphat, Aluminiumhydroxid oder natürliche Stoffe wie Fungotannin (extrahiert aus Baum- und Rindenharzen), um der REACH-Kandidatenliste zu entsprechen. Bei Zellulosedämmplatten werden Bindemittel sowie Stützfasern aus Polyolefinfasern oder Jutegarn (z.T. aus Alt- und Resttextilien) als Stützfasern eingesetzt.

Zellulosedämmung hat gute Wärmedämm- und Wärmespeicherfähigkeiten und ist bei fachgerechtem Einbau luft- und winddicht sowie setzungssicher. Dank ihrer kapillaraktiven Struktur wirkt sie feuchteregulierend und vereint die natürlichen Vorteile des Werkstoffs Holz.

Verfügbarkeit/ Formate: Zellulosedämmung ist entweder als lose Flocken für die Einblasdämmung oder Schüttung erhältlich oder als Dämmplatten, die mit Textil- oder Kunststofffasern gebunden sind.

Strohdämmung

Strohballen als Dämmstoff. Bild: Canva

Stroh ist ein landwirtschaftliches Nebenprodukt, das in Form von gepressten Strohballen, als Einblasdämmung oder in Plattenform als Baustoff nutzen lässt. Für den Bau werden meist Weizen- oder Roggenstrohballen mit einer Dichte von 90–130 kg/m³ und einem Feuchtegehalt unter 15 % verwendet. Die beste Dämmwirkung wird erzielt, wenn die Halme senkrecht zur Wärmeflussrichtung ausgerichtet sind. Im modernen Holzbau dienen Baustrohballen zur Wandbildung oder zur Ausfachung in Holzständerkonstruktionen. Hochverdichtete Strohbauplatten oder lose Einblasvarianten ergänzen die Anwendungsbereiche, besonders im Innenausbau. Bei fachgerechter Verarbeitung ist das Material weitgehend resistent gegenüber Schimmel und Schädlingsbefall, ganz ohne Zusatzstoffe. Bei Platten können jedoch pflanzenbasierte oder kunstharzgebundene Bindemittel enthalten sein.

Durch den geringen Energieaufwand in Herstellung und Transport sowie die Nutzung eines ohnehin anfallenden Rohstoffs weist Strohdämmung eine hervorragende Ökobilanz auf. Die Verfügbarkeit hängt von der Getreideernte ab, jährlich könnten in Deutschland rund 10 Mio. Tonnen nutzbares Stroh entstehen. In Kombination mit beidseitigem Lehmputz erreichen Strohballenwände sehr gute Brandschutzwerte und erreichen Feuerwiderstände von über 90 Minuten.

Verfügbarkeit/ Formate: Strohdämmung ist als Baustrohballen in verschiedenen Formaten, als Einblasdämmung oder als Plattenwerkstoff erhältlich.

Hanf- und Jutedämmung

Hanf- und Jutedämmstoffe gehören zu den pflanzlichen Faserdämmstoffen auf Basis von Stängelfasern. Hanf gilt als besonders schnell wachsend, genügsam und widerstandsfähig, der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist daher in der Regel nicht erforderlich. Für die Herstellung werden vor allem Nebenprodukte des Hanfanbaus genutzt: Die Fasern werden zu Dämmmatten, Rollenware oder Stopfwolle verarbeitet, die holzigen Schäben zu Schüttdämmung oder Platten gepresst. Zur Verbesserung der Formstabilität enthalten Hanfdämmplatten häufig Stützfasern, welche synthetisch (Polyester) oder biobasiert (z. B. PLA aus Maisstärke) sein können. Als Brandschutzmittel kommen je nach Hersteller Soda oder Ammoniumphosphat zum Einsatz. Hanffasern enthalten kein Eiweiß, wodurch sie von Natur aus unempfindlich gegenüber Schadinsekten und Schimmel sind. Zudem sind sie feuchteregulierend und bieten einen sehr guten sommerlichen Wärmeschutz. Jutefasern kommen teils ergänzend zum Einsatz, meist in Form recycelter Jutesäcke, die zuvor für den Transport von Kakao oder Kaffee verwendet wurden. Dadurch wird auf bereits genutzte Naturfasern zurückgegriffen, ohne neue Anbauflächen zu beanspruchen.

Verfügbarkeit/ Formate: Hanf- und Jutedämmstoffe sind erhältlich als Dämmplatten, Rollenware, Filze, lose Stopfwolle oder Einblasdämmung.

Schafwolldämmung

Schafwolle zählt zu den tierischen Faserdämmstoffen und ist ein nachwachsender Rohstoff. Pro Tier fallen jährlich rund 7 kg Rohwolle an, die heute vorrangig aus europäischer, möglichst regionaler Herkunft stammt, insbesondere, da sie in der Textilindustrie nur noch begrenzt nachgefragt wird. Dämmstoffe aus Schafwolle bestehen hauptsächlich aus Keratin, einem Eiweiß, das ohne Behandlung anfällig für schädlingsbefallende Insekten wie Mottenlarven oder Teppichkäfer wäre. Deshalb werden die Produkte in der Regel mit einem Mottenschutz versehen, z. B. durch Zusatzmittel oder durch physikalische Verfahren wie Plasmabehandlung. Teilweise werden synthetische oder biobasierte Stützfasern zugesetzt, um die Formstabilität der Dämmplatten zu verbessern.

Ein besonderer Vorteil der Schafwolldämmung ist, dass sie bis zu 30 % ihres Eigengewichts an Feuchtigkeit aufnehmen, ohne dass sich die Dämmleistung verschlechtert. Zudem bindet sie luftgetragene Schadstoffe wie Formaldehyd oder Ozon dauerhaft oder filternd – eine Eigenschaft, die für den Einsatz in wohngesunden Innenräumen spricht. Auch ihre natürliche Schwerentflammbarkeit macht sie interessant: Sie entzündet sich erst bei Temperaturen ab ca. 560 °C; Flammschutzmittel sind meist nur bei besonders leichten Produkten nötig.

Verfügbarkeit/ Formate: Schafwolldämmung ist als Dämmmatten, Trittschallfilz, Dämmzopf oder Stopfwolle erhältlich.

Technische Daten & Preise im Vergleich

* Die angegebenen Werte gelten beispielhaft für einzelne Produkte und können herstellerbedingt differieren
**Die genannten Preise dienen der Orientierung und können je nach Produktvariante, Dämmstärke und Anbieter abweichen

Die Grafik vergleicht technische Kennwerte und Kosten ausgewählter biobasierter Dämmstoffe und zeigt: In vielen Anwendungsbereichen sind Naturdämmstoffe inzwischen eine wirtschaftlich konkurrenzfähige Alternative zu konventionellen Materialien wie Mineralwolle. Zwar liegen die Investitionskosten über denen von EPS, doch biobasierte Dämmstoffe bieten einen deutlich höheren Mehrwert – insbesondere im Hinblick auf bauphysikalische Eigenschaften, ökologische Verträglichkeit, Beitrag zur Wohngesundheit und der Langlebigkeit.

Weitere natürliche Dämmstoffe finden Sie auf der natureplus Produktdatenbank.

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Autorin
Barbara Beetz
Wissenschaftliche Mitarbeiterin nachhaltiges Bauen
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