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1. Vorsitzende des BiB ist Sarah Dungs, Greyfield Group (links), 2. Vorsitzende Diana Anastasija Radke, KVL Bauconsult GmbH. Foto: BiB

Bauszene

Verband für Bauen im Bestand

In der Immobilienbranche hat sich ein neuer Verband gegründet, der sich dafür starkmacht, die vorhandene Bausubstanz sinnvoll zu nutzen und damit graue Emissionen zu vermeiden. Zugleich wird von verschiedenen Verbänden ein Abrissmoratorium gefordert.

February 20, 2023

Gebäude sind aufgrund der verwendeten Baumaterialien und der eingesetzten technischen Ausrüstung für einen immens hohen CO2-Ausstoß verantwortlich. Ein bewusster Umgang mit diesen Ressourcen kann deshalb einen enormen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Dabei kann die Fokussierung auf den Gebäudebestand die Möglichkeit bieten, graue Emissionen zu vermeiden und vorhandene Substanz sinnvoll zu nutzen. Deswegen hat sich jetzt gemäß einer Veröffentlichung im Fachmagazin Ingenieur.de auf Initiative des Projektentwicklers Greyfield der Verband für Bauen im Bestand (BiB) e.V. gegründet. Die Gründungsmitglieder des BiB versuchen damit, Kompetenzen zu bündeln, und wollen ein „gemeinsames, umfassendes und lebenszyklusbasiertes Verständnis“ von Bauen im Bestand unterstützen, da ihrer Meinung nach „die Lösung im Bestand liegt“.

Ausrichtung des Verbands

Der Verband soll eine zentrale Plattform darstellen, um die Wege zu neuen Marktstandards sowie zu angepassten Normen und Verordnungen zu ebnen. Der BiB bietet nach eigenen Angaben darüber hinaus Unterstützung und Wissenstransfer für den Bestand an. Durch die gezielte Weiter- und Ausbildung von Fachkräften blicke der Verein „wertschöpfend und zuversichtlich“ in die Zukunft. Er biete eine frei zugängliche Anlaufstelle für alle Interessierten zur gemeinsamen Lösung der Herausforderungen im Bestand. Die Inhalte des Vereins sollen unter anderem in Publikationen, Präsentationen, Vorträgen, Veranstaltungen, Aktivitäten, Schulungen und mit Lobby- und Netzwerkarbeit vermittelt werden. Aufgrund einer öffentlichen CO2-Buchführung und der Veröffentlichung seiner CO2-Bilanz sei der Verein der Transparenz verpflichtet und soll Vorbild bei der Nachhaltigkeitsdarstellung auch im Verbandswesen sein.

Die Vorsitzenden des BiB

Zur 1. Vorsitzenden des BiB wurde Sarah Dungs gewählt, die Geschäftsführerin der Greyfield Group: „Wir müssen die Transformation hin zum Bestandsumbau akzeptieren und vorantreiben, um gemeinsam die Zukunft wertschöpfend gestalten zu können“, sagt sie, und die 2. BiB-Vorsitzende Diana Anastasija Radke, Managing Partner der KVL Bauconsult GmbH, ergänzt: „Der Bestand ist der große Hebel und Neubau ist Luxus – und so sollten wir auch damit umgehen: sparsam.“ Weitere Vorstandsmitglieder sind Nicola Halder-Haß, Geschäftsführende Gesellschafterin der Bricks&Beyond GmbH (im BiB zuständig für den Aufgabenbereich Politik) sowie Annabelle von Reutern, Head of Business Development der Concular GmbH, die sich im BiB um zirkuläres Bauen kümmert. Concular ist auch Mitglied bei natureplus.

Forderungen nach einem Abrissmoratorium

Gleichzeitig mit der Gründung des BiB wurde von mehreren Umweltorganisationen ein Abrissmoratorium gefordert, um zu mehr Klimaschutz und sozialem Frieden beizutragen. Über 170 Erstunterzeichner forderten bereits 2022 in einem offenen Brief an Bundesbauministerin Klara Geywitz einen temporären Abrissstopp. Aktuell plädiert das Deutsche Energieberater-Netzwerk (DEN) für eine größere Wertschätzung der in Deutschland vorhandenen Bestandsgebäude: „Wir müssen weg von dem Trend, vorhandene Bausubstanz lieber abzureißen und durch Neubauten zu ersetzen, auch wenn diese auf den ersten Blick energieeffizienter im Betrieb sein mögen“, sagt der Vorsitzende des DEN, Dipl.-Ing. Hermann Dannecker. „Vielfach geht es eher um Profit ... als um nachhaltige Energieeffizienz. Wir vergessen heutzutage viel zu häufig die in der Bausubstanz vorhandene graue Energie. Man darf als Maßstab nicht nur die Betriebsdaten eines Gebäudes betrachten.“

Gleichzeitig befürwortet Dannecker ein Beispiel gebendes Vorangehen der öffentlichen Hand. „Wenn Kommunen, Länder und Bund ihre Liegenschaften verstärkt unter dem Aspekt der Erhaltung und Sanierung betrachten würden, wäre dies bestimmt ein starkes Zeichen in den privaten Sektor. Wir müssen weg von rein privatwirtschaftlicher Profitoptimierung hin zu einer Betrachtungsweise, die dem Gemeinwohl mehr Rechnung trägt. Und dazu würde auch gehören, dass Bauämter künftig für den Abriss von Gebäuden ihre Genehmigung erteilen müssten. Dann sollten die Zuständigen durchaus auch Nein sagen können. Dies erfordert allerdings Mut.“

"Ziel sollte es sein," so Dannecker, "strengere gesetzliche Regelungen einzuführen, um das vorhandene Gebäude-Kapital besser zu schützen. Solch ein Schutz würde nicht nur helfen, unnötigen Ausstoß von Treibhausgasen zu vermeiden. Er wäre auch ein wichtiger Schritt in Richtung einer Kreislaufwirtschaft durch eine verstärkte Wiederverwendung von Baumaterialien. Schließlich würde er auch dem sozialen Miteinander unserer Gesellschaft guttun und weitere Verdichtungen und Gentrifizierungen vermeiden helfen."

Rechtsgutachten der DUH bestätigt Möglichkeit für Abrissmoratorium

Auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert seit Längerem ein Ende der bisherigen Praxis und einen Fokus auf das "Bauen im Bestand". Sie plädiert für eine stärkere Betrachtung von Gebäuden und Baumaterialien, von der Herstellung über Errichtung und Nutzung bis zur Entsorgung, um alle CO2-Einsparpotenziale des Bau- und Gebäudesektors ausschöpfen zu können. Laut einem von der DUH in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten hätte die Bundesregierung durchaus eine Handhabe, die "eklatante klimapolitische Lücke im Baurecht" zu schließen. Danach begünstigt die aktuelle Rechtslage den Abriss von Gebäuden statt einer Sanierung. "Das Gutachten bestätigt, dass eine Genehmigungspflicht für den Abbruch von Gebäuden umsetzbar ist und zeigt eine Möglichkeit auf, wie diese in den Musterbauordnungen und den Landesbauordnungen verankert werden kann", so der Verband.

Zudem sei es möglich, eine Abrissgenehmigung an eine Analyse der Umwelt- und Klimawirkungen zu knüpfen, in der per Ökobilanz Abriss und Neubau mit den Optionen Sanierung oder Umbau verglichen werden. Die Bundesländer könnten mit der Verankerung einer solchen Genehmigung in den Landesbauordnungen einen unmittelbaren Beitrag zu Klima- und Ressourcenschutz leisten, meint man bei der DUH. "Das Rechtsgutachten stärkt uns darin, dass ein Ende des Abrisswahnsinns möglich und notwendig ist", sagte DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. Angesichts der enormen Belastung von Ressourcen und Klima sowie dem hohen Bedarf an bezahlbarem Wohnraum sei es abstrus, dass die Bauministerien der Länder Gebäudeabrisse nicht an ökologische Kriterien koppelten. Rechtsanwalt Remo Klinger, Hauptautor des Gutachtens, argumentierte, die große Dringlichkeit, CO2-Emissionen zu senken, entkräfte die Bedenken eines zu starken Eingriffs in die Eigentumsrechte durch die vorgeschlagene Genehmigungspflicht.

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