
Tilmann Kramolisch (natureplus e.V.) beim Grußwort zum Auftaktforum Bioökonomie Beim Bauen am 02. Oktober 2025 im Triangel in Karlsruhe (Bild: natureplus/Anna Wenz)
Forum „Bioökonomie beim Bauen“: Gemeinsam den Wandel gestalten
Wie biobasierte Baustoffe die Zukunft des Bauens prägen können und warum dieser Wandel nur gemeinsam gelingt - diese Fragen standen im Zentrum des Auftaktforums Bioökonomie Beim Bauen am 02. Oktober 2025 in Karlsruhe. Diese Veranstaltung, gemeinschaftlich organisiert vom natureplus e.V., der TechnologieRegion Karlsruhe und dem Netzwerk TransBiB, markierte den Auftakt der natureplus Reihe Zukunft.Bau.Stoffe.
Wenn die Bauwende gelingen soll, braucht es Materialien, die nachwachsen, regional verfügbar und kreislauffähig sind. Daran ließen die über 80 Teilnehmenden des Forums „Bioökonomie beim Bauen“ im Triangel in Karlsruhe keinen Zweifel – darunter Fachleute aus Planung, Handwerk, Industrie, Forschung und Kommunen. Es braucht aber auch die Überwindung von Grenzen und gemeinsames Handeln: „Wirtschaft, Wissenschaft und öffentliche Hand müssen beim Bauen enger zusammenarbeiten“, so Jochen Ehlgötz, Geschäftsführer der TechnologieRegion Karlsruhe GmbH in seinem Grußwort. Diesen Wunsch setzte das Forum um und wurde zur lebendigen Plattform für Austausch, Ideen und konkrete Impulse.
Enorme Bandbreite innovativer Lösungen
Auch Tilmann Kramolisch, Geschäftsführer des natureplus e.V., setzte zur Eröffnung ein Ziel für den gemeinsamen Tag: „Wir wollen nachhaltigen Baustoffen eine Stimme geben.“ Zahlreiche Best-Practices und Impuls-Vorträge zeigten daraufhin aus ganz unterschiedlichen Perspektiven, wie bioökonomische Ansätze heute schon im Bauwesen ankommen, wie sie durch regionale Wertschöpfung, kurze Lieferketten und Wiederverwertbarkeit überzeugen – und sich dadurch bereits heute wirtschaftlich rechnen:
- In seiner Keynote machte Alexander Rother, Transformationsbotschafter Bauwirtschaft BW, deutlich: „Die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen in der Baubranche bedeutet die Transformation hin zu einer nachhaltigeren, biobasierten Wirtschaftsweise.“ Er ermutigte zu einer stärkeren Nutzung von Betonalternativen und innovativen Baustoffen und betonte: “Dafür müssen Planen und Bauen enger zusammenwachsen.”
- Philipp Benz (GUTEX) zeigte, wie aus Holzresten hochwertige Dämmstoffe entstehen: „Dämmung verhindert nicht nur Energieverlust – sie spart auch Ressourcen”. Durch die Nutzung lokaler Rohstoffe, sowie die Weiterverwendung von Verschnittresten, arbeitet Gutex zudem auf eine materialeffiziente Kreislaufwirtschaft hin.
- Marsil Hanen und Julia Goldbach (HANEN Architekten) betonten den Bedarf an bezahlbaren, ökologischen Lösungen: Im Quartier am Federbach in Ötigheim, das überwiegend aus nachhaltigen Baustoffen entsteht, wird daher auch geprüft, wie leistbare Alternativen zu klassischen Holzbauweisen aussehen können – mit nachwachsenden Rohstoffen abseits des Preisdrucks von Bauholz.
- Marcel Burgstaller (istraw group) hob hervor, dass aus dem eigentlichen “Nebenprodukt” Stroh, das in der Landwirtschaft anfällt, sowie aus Gräsern wie Miscanthus oder Paludi-Biomasse hochentwickelte Baustoffe entstehen können. Diese können häufig mehrfach wiederverwendet werden, bevor sie zurück in den biologischen Kreislauf gehen. Das spart Material und senkt langfristig die Baukosten. Sein klarer Appell an die Teilnehmenden: “Wir alle sind die entscheidenden Akteure – alle, die wir hier sitzen”.
- Dr. Markus Götz (Frenvi) präsentierte ein innovatives Beispiel aus der Sektorenkopplung: Aus dem Reststoff Teetreber, der bisher kostenintensiv entsorgt werden muss, entstehen bei Frenvi tragfähige Bauteile wie Deckenträger. „In der Sektorenkopplung liegt ein ganz großes Potenzial für die Bioökonomie, denn auch viele weitere Reststoffe, gerade in der Getränke- und Lebensmittelindustrie bieten die Möglichkeit zur Weiterverarbeitung“, so Götz.
- Markus Wolf (Zimmerei Grünspecht) betonte: “Biobasierte Baustoffe stärken die regionale Wirtschaft, sichern Arbeitsplätze im Handwerk und reduzieren Abhängigkeiten von globalen Lieferketten”. Die Zimmerei Grünspecht realisiert bereits seit Jahren erfolgreich Bauprojekte und setzt biobasiertes Bauen dabei konsequent in die Tat um - ob beim Einbau von maßgefertigten strohgedämmten Holzbauteilen, dem Auftragen von Lehmputz in einem mehrgenerationellen Wohnprojekt oder ganz pragmatisch bei der Entsorgung von Strohplatten als Dünger auf dem Acker beim Bauer nebenan im Rahmen einer Fachwerksanierung.
- Elena Boermann gab Einblicke in die innovative Forschung des KIT und zeigte auf, dass neben den “Klassikern” der Bioökonomie, auch Rohstoffe wie die (Flecht)weide, Seegras oder auch Pilzmycel eine gute Grundlage für künftige Baustoffe sein können, insbesondere aufgrund ihrer Kreislauffähigkeit. “Denn die Nutzung nachwachsender Rohstoffe schont die Ressourcen und die Nutzung von Rest- und Nebenstoffen führt zu effizienteren Stoffkreisläufen”, so Boermann.



Workshops: “Wandel fängt mit Ideen an“
Sowohl die begleitende Materialmesse, als auch die Impulse zeigten deutlich: Die Materialien sind da – und sie funktionieren. Entscheidend ist nun, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass sie auch breit eingesetzt werden können.
In verschiedenen Arbeitsgruppen wurde daher am Nachmittag diskutiert, welche Herausforderungen der stärkeren Anwendung von biobasierten Baustoffen im Weg stehen und welche Lösungen es geben kann. Dabei zeigte sich:
- Zulassungsprozesse müssen flexibler gestaltet werden, um innovativen Materialien den Marktzugang zu erleichtern.
- Fehlende Förderungen erschweren Investitionen in biobasierte Lösungen – hier braucht es gezielte Anreize, die Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit zusammenbringen.
- Es braucht Aufklärung, Transparenz, einen Wandel im Mindset, nicht zuletzt bei den Endkonsumenten und Bauherr*innen, und vor allem den Austausch zwischen allen beteiligten Akteuren.


Exkursionen: Materialien in der Praxis erleben
Zum Abschluss der Veranstaltung wechselte die Perspektive – direkt an die Baustelle, ins Labor und in die Materialsammlung. Drei parallele Exkursionen führten die Teilnehmenden an Orte, an denen biobasierte Baustoffe bereits erforscht, entwickelt und angewendet werden:
- Der RoofKIT-Baudemonstrator zeigte, wie nachhaltige Baukonzepte konkret umgesetzt werden – ein Projekt, das Kreislaufwirtschaft, Energieeffizienz und Materialinnovation kombiniert.
- In der Materialbibliothek der Fakultät Architektur am KIT konnten die Teilnehmenden verschiedene biobasierte Werkstoffe nicht nur sehen, sondern anfassen und vergleichen – eine lebendige Lernumgebung für Planerinnen und Entwicklerinnen.
- Das Baulabor und die Forschungswerkstatt am Institut Entwerfen und Bautechnik (KIT) gab Einblick in aktuelle Experimente und Prüfverfahren, mit denen neue Materialien auf ihre Praxistauglichkeit getestet werden.

Transparenz & Vernetzung als Fundament des Wandels
Das Forum zeigte eindrücklich: Der Innovationsgeist ist groß und biobasierte Materialien sind bereits in großer Vielfalt erhältlich und nutzbar. Jetzt geht es darum, ins gemeinsame Tun zu kommen. „Wir müssen uns wiedersehen“, sagte deshalb Tilmann Kramolisch von natureplus zum Abschluss der Veranstaltung und erntete dafür Zustimmung und Applaus des Publikums.
Gelegenheit für weiterführende Diskussionen bieten zum einen die Folgeveranstaltungen der natureplus-Reihe Zukunft.Bau.Stoffe. Hier finden bis September 2026 verschiedene Fachworkshops sowie eine weitere Netzwerkveranstaltung statt, um verschiedenste Akteur*innen zusammenzubringen und den Dialog rund um den Strukturwandel im Bauwesen weiter zu stärken.
Zum anderen steht das Netzwerk TransBiB allen Interessierten am Thema Bioökonomie als kompetente Anlaufstelle für Beratungsangebote, Wissensvermittlung und Vernetzung in Sachen Transformationsprojekte zur Verfügung.
Vorträge und Infos
Infos zum Auftakforum Bioökonomie Beim Bauen und die Präsentationen zum Download finden Sie auf unserer Veranstaltungsseite unter "Bisherige Veranstaltungen".
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